Entwicklungspsychologie

Geistige Entwicklung

Piaget

 

Voroperatorisches, anschauliches Denken

 

Unangemessene Generalisierungen

Der Egozentrismus des Kindes

Zentrierung auf einen oder wenige Aspekte

Zentrierung auf Zustände

Eingeschränkte Beweglichkeit

Fehlendes Gleichgewicht

 

 

Unangemessene Generalisierungen

Beispiel: Mit 4 Jahren und 2 Monaten auf einem Berg: "Man hat sie dahin getan, die Felsen. Das sind sehr starke Leute , die sie hingesetzt haben." "Hätte ich es gekonnt, ich?" "Nein, du nicht, aber sehr starke Leute. Sie (die Felsen) waren zunächst klein, dann sind sie groß geworden."

Das Konzept des Wachsens ist hier schon verfügbar. Das Kind verwendet diesen Begriff an, um die Entstehung eines Felsmassivs zu erklären. Hier findet eine fehlerhafte Assimilation statt, also die Aufnahme eines Gegenstandes (Fels) in das falsche geistige Schema (Wachsen). Piaget nennt die Wahrnehmung unbelebter Gegenstände als belebte Þ animistische Deutungen.

Um fehlerhafte Assimilation handelt es sich auch, wenn die Existenz von Naturerscheinungen (Steine) aus ihrem Zweck erklärt wird, als ob es sich um menschliche Handlungen handelte Þ
(finalistische Erklärungen):

"Steine sind da, damit Häuser gebaut werden können, Bäume sind da, damit sie Schatten spenden."

Werden Gegenstände in das Konzept der Anfertigung, des Machens falsch assimiliert, so spricht Piaget von Þ artifizialistischen Naturdeutungen: "starke Leute haben den Berg gemacht."

 

Der Egozentrismus des Kindes

Den Begriff Egozentrismus verwendet Piaget zur Bezeichnung der Unfähigkeit, sich in die Rolle eines anderen hineinzuversetzen, den Blickwinkel eines anderen einzunehmen oder die eigene aktuelle Sichtweise (Wahrnehmung oder Meinung) als eine unter mehreren Möglichkeiten zu begreifen.

Dieser kommunikative Egozentrismus wird überwunden durch die Entwicklung von Kompetenzen zur Perspektiven- und Rollenübernahme. Kommunikation gelingt dann unter Berücksichtigung der Verständnismöglichkeiten unterschiedlicher Partner.

Abb.: Drei-Berge-Versuch nach Piaget in Oerter/Montada S. 421

 

Die Überwindung des Egozentrismus wird nach Piaget möglich durch sozialen Austausch, durch Widerspruch und Konflikt des "Ansichten", der Erfahrung und Speicherung unterschiedlicher Ansichten.

Auch der Erwachsene muß egozentrische Sichtweisen ständig neu überwinden (Vorurteile und unreflektierte Ideologien).

 

Zentrierung auf einen oder wenige Aspekte

Ein grundlegendes Kennzeichen des voroperatorischen Denkens nennt Piaget die Zentrierung der Aufmerksamkeit auf ein Merkmal des Gegenstandes und das Außerachtlassen anderer. Das Umschütten einer Flüssigkeit von einem Gefäß bedeutet für das kleine Kind eine Veränderung der Menge, weil die Flüssigkeit nicht mehr das gleiche Aussehen hat. Das Kind kann die Dimensionen Höhe und Umfang nicht gleichzeitig "ins Auge fassen" und in einem Urteil integrieren.

Abb.: Versuch zur Prüfung der Einsicht in die Invarianz der Menge bei Operationen des Umfüllens.

 

Weiterer Versuche zu den Konzepten Zeitdauer und Alter:

Kinder beobachteten zwei Autos, die zur gleichen Zeit losfahren und stoppen. Ein Auto fuhr schneller. Die Kinder glauben das schnellere Auto sei länger gefahren.

Vierjährige Kinder glauben ihrer älteren Geschwister im Alter überholen zu können.

Zentrierungen findet man auch im moralischen Urteilen: Einem Kind fallen versehentlich 10 Tassen zu Boden, ein anderes Kind wirf wütend eine Tasse zu Boden. Kinder bis zum fünften Lebensjahr zentrieren häufig auf den Handlungsausgang und bewerten die 10 zerbrochenen Tassen moralisch negativer.

 

Zentrierung auf Zustände:

Das Kind betrachtet einen Zustand nicht als Ergebnis einer Transformationskette. Das Umschütten einer Flüssigkeit wird nicht als eine Transformation begriffen. Statt dessen wird der neue Zustand als Gegenstand für sich genommen, der als solcher beurteilt wird. Damit fehlt allerdings eine unverzichtbare Voraussetzung für ein korrektes Urteil.

 

Eingeschränkte Beweglichkeit:

Wenn ein Kind eine zweite Dimension ins Auge faßt (Dezentrierung o. Umzentrierung) verliert es oft die erste wieder. Piaget spricht von fehlender Beweglichkeit des Denkens, wenn er auf solche Grenzen der Informationsverarbeitung stößt.

Abb.: Matrix Form C Farbe

Die Beweglichkeit wird mit zunehmendem Alter größer im Sinne systematischer Erfassung. Die gleichzeitige Verfügbarkeit verschiedener Informationen erfordert Verarbeitungsstrukturen, die das nächste Entwicklungstadium kennzeichnen.

 

Fehlendes Gleichgewicht:

Kinder sind sich widersprechenden Aussagen nicht bewußt.

 

Abb.: Material zur Prüfung der Einsicht in die Klasseninklusion

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